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Formentera / Juli 2000

Ankerauf im Morgen-"Grauen"

Nachdem unser Aufenthalt in Ibiza Stadt nicht nur kräftezehrend war (Nachtleben!), sondern auch verheerende Folgen für die Bordkasse hatte (Marina Botafoch!), besinnen wir uns auf die angenehme Fähigkeit unseres Schiffs, vor Anker gänzlich kostenfreien Aufenthalt zu bieten. Wir bunkern noch Wassertanks voll, ergänzen die Lebensmittelvorräte, und zur Mittagsstunde sind wir auf See. Wir haben Ostwind, wie bestellt. In Feu Grande, der Enge zwischen Ibiza und Formentera, überholt uns teuflisch nah einer der rasend schnellen "Formentera-Jets" und bringt derart Bewegung in unser beschauliches Leben, dass uns Hören und Sehen vergeht.


Ein herrlicher Ankerplatz vor Formentera

Geplant war ein Stopover in der Bucht von Espalmador, doch aus der Entfernung zählen wir 34 Masten, und so bleiben wir kurz entschlossen auf Kurs Formentera. Mit Topspeed von 9 Knoten rauschen wir der kleinen Insel entgegen. Am frühen Nachmittag fällt der Anker in der Cala Sahona. Leider sind schon andere Meeresbewohner vor uns da: im herrlich klaren türkisfarbenen Wasser treiben fette Quallen, pfuideibel. Egal, in Anbetracht der Außentemperaturen schwimme ich trotzdem ein wenig rum, mit Taucherbrille ausgerüstet und immer auf der Hut vor dem ekligen Getier. Nachdem mich dann aber kurz nacheinander zwei Motorboote beim Ankermanöver (Manöver...?) nur um Haaresbreite verfehlen, wird mir das doch zu gefährlich hier und ich ziehe mich in die Sicherheit unserer schwimmenden Herberge zurück.

Abends gibt es "Pollo con Zucchini" an Bord. Leider ohne die Zucchini, die sie im teuren Marina-Supermarkt von Botafoch wohl einzupacken vergessen haben. Ein grandioser orangerosa Sonnenuntergang über dem tief türkisfarbenen Meer läßt uns den Verlust leicht verschmerzen.


Biker

Ein Temperaturrekord jagt den anderen. Das Bord-Thermometer zeigt 35 Grad im Schatten. Die Hitze hindert uns aber nicht daran, unsere Mountainbikes an Land zu schaffen und die Insel unter die Räder zu nehmen. San Francesco, Es Pujols, einsame Leuchttürme, die Salinen, die Blue Bar: Formentera hat viel zu bieten. Spätnachmittags zurück an Bord, springen wir natürlich gleich ins badewannengrüne Wasser. Heute ohne Quallen! Herrlich!!



Die "Blue Bar" auf Ibiza

Sonntag, 7.7.: Der Wind hat gedreht, wir verlegen uns in eine Bucht bei Punto Pedreras, nicht weit von der Marina Formentera. Gut geschützt gegen Südwest, offen nach Nordost. Hier liegt Coco gut, morgen sehen wir weiter...

Manchmal fühle ich mich hier eher der Riege der Early Birds zugehörig, was daheim so ja eher nicht der Fall ist! Morgens, nach einer ziemlich durchgeschaukelten Nacht vor Anker, um genau zu sein, kurz nach fünf Uhr, - es bläst mit 5 Beaufort aus Nord - bemerke ich auf dem obligatorischen Ankerwachgang, dass unser Anker sich losgerissen hat und wir - da sowas ja natürlich nur bei auflandigem Wind passiert - mit Mann und Maus unaufhaltsam dem Ufer entgegen streben. Eine Viertelstunde später, und unsere Reise wäre vorzeitig beendet...! Was ein Glück, wenn man bei Starkwind einen leichten Schlaf hat! Also heißt es frühzeitig "Anker auf" und Abschied nehmen von Formentera, zumindest vorläufig.


Sonnenaufgang zwischen Ibiza und Formentera

Auf jeden Fall dürfen wir dann den Sonnenaufgang - oder soll ich besser sagen, das Morgen-Grauen? - auf See erleben, was ja auch seinen Reiz hat. Um kurz nach Sechs - das ist ja bekanntermaßen gerade so meine Lieblingszeit am Tag - werfen wir dann Anker in einer Bucht der Insel Espalmador, gelegen zwischen Ibiza und Formentera. Gerade rechtzeitig, um mit den ersten Frühaufstehern auf anderen Schiffen einen fröhlichen Morgengruß auszutauschen.

Wir nehmen staunend wahr, wie sich diese eigentlich wunderschöne Bucht im Laufe des Tages mehr und mehr zum Rummelplatz entwickelt. Am frühen Nachmittag zählen wir siebenundsechzig Schiffe! Siebenundsechzig!! Und immer weitere Nachzügler kommen herein und suchen den letzten verbliebenen Ankerplatz. Natürlich liegen bis zum Abend auch in unserer unmittelbarer Reichweite mehrere Yachten; die hier obligatorischen Generatoren laufen lautstark, wir kontern mit Klassik und Hardrock, was die Anlage hergibt; mal sehen, wer eher die Nerven verliert...

Espalmador könnte so schön sein! Wenn, ja wenn hier nicht ein solcher Massenandrang wäre. So haben wir nicht mal Lust zu schwimmen, man kann sich ja vorstellen, was hier alles ins Wasser geleitet wird. Wir segeln wieder hinüber nach Ibiza, zum Promistrand Ses Illetes. Wieder einmal fällt der Anker auf Kristallwasser, direkt vor dem berühmten In-Restaurant "Es Moli de Sal". Gleich ein Sprung ins Wasser, was für ein Genuß nach der übervollen Lagune von Espalmador.

Die darauf folgenden Tage liegt Coco bequem und teuer in der Marina La Savina auf Formentera, weil sich in der Gegend ein Stürmchen austobt. Das Navtex spuckt eine Sturmwarnung nach der anderen aus, während wir über die Strassen und Wege der Insel radeln, Wäsche waschen, Relingstützen polieren und ansonsten den nun doch redlich erworbenen Sonnenbrand pflegen.

Als nach drei Tagen das Wettertheater nachläßt, eilen wir ins Office um die Liegeplatzgebühren zu berappen. Glück gehabt: ab morgen, 15. Juli, wäre es 100 Prozent teurer geworden, 14.000 Pesetas, 85 Euro pro Nacht! Also nix wie weg. Ibiza Südwest liegt an.



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