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Mallorca / Juni 2001

Törnstart mit Tücken

Nachdem manche uns schon als vermisst melden wollen, kommt hier mal ein erster Zwischenbericht. Die ersten 8 Tage hatten wir mehr Stress und Arbeit als wir es von zu hause gewöhnt sind...! Deshalb gab's für euch auch erst mal keine Nachricht aus dem Süden.


Die Kathedrale von Palma

Tag 1: Aufstehen um 0300 morgens trägt ja bekanntermaßen nicht dazu bei, die Stimmung der Familie Loydl wesentlich zu heben. Doch leider begann die Geschichte genau so. Nach ca 36 Stunden mit 2 Stunden Schlaf gerade in Palma angekommen, bricht sich mein Schatz erst mal am Gepäckband den Fingernagel ab, den frisch lackierten. (Ich war übrigens derweil nicht tatenlos, wie manch einer jetzt wohl vermutet, sondern habe bei der TUI den Mietwagen organisiert, was ja auch nicht immer ein Zuckerschlecken ist.) Geht ja mal gut los, der Tag! Kurz darauf an Bord, 0900, die Koffer sind grad ausgepackt, steht auch schon der Mechaniker vor der Tür, um den Motorservice für unser grünes Volvomonster zu machen. Nun ist das ja alles nicht so riesig auf so einem Schiff, ausweichen ist nicht drin. Also legt sich Reinhardle erst mal ein paar Stunden lang mit dem Mechanico unter Deck, Diesel einatmen, diverse Öle wechseln, Leitungen entlüften, eben alles was man so im Urlaub frühmorgens gerne macht! Dabei finden wir so den einen und anderen kleinen Defekt, der nicht so schnell zu beheben ist (Kühlwasserpumpe, Kaderegler...). Es kristallisiert sich schnell heraus, daß wir wohl nicht am Sonntag wie geplant auslaufen werden. Auch der neue Anker ist leider noch nicht eingetroffen, wohingegen wir den alten ja letzes Jahr verkauft haben. Ohne Anker ist das aber nix auf so einem Segelschiff. Also abwarten. Auf der Verlustliste: mein heißgeliebeter Leatherman, das Curreymesser am Niedergang, Securityblende vom CD-Player.

Wir kaufen erstmal groß ein, deshalb haben wir ja das Auto! Also auf zum Megasupermarkt in Palma und zwei Rieseneinkaufswägen voll gemacht mit Wasser, Bier, Wein, Limo, Obst und anderem Schwergewichtigem. Mit dem voll beladenen Einkaufswagen fahre ich Herta übern Zeh, das kommt nicht so gut... Also stärken wir uns mit einem Sandwich, wobei ich mir gleich auf den schmerzenden Backenzahn beiße, ausgleichende Gerechtigkeit nennt man das dann wohl. Damit wären wir dann auch wieder quitt. Sodann bringen wir unsere Fahrräder zum Service, um auch gleich die zwei geklauten Vorderräder zu ersetzen. Am Rückweg gönnen wir uns noch ein, zwei Caipirinhas als Schlummertrunk, die hauen uns endgültig um. Das war irgendwie nicht unser Tag!

Tag 2: Ausgeschlafen sieht die Welt schon viel besser aus! Wir riggen die Genua, kein Problem. Nur das Rollgroß kriegen wir nicht aus dem Mast, es klemmt. Naja, ist ja bloß das Hauptsegel...! Mandy, eine nette Engländerin zur See, zeigt mir, wie man Winschen zerlegt, reinigt, schmiert und wieder zusammenbaut. Was mir vorher nicht so ganz bewußt war, wird nun zur unumstößlichen Tatsache: wir haben 10 ( z e h n ) von diesen Dingern an bord. Der Vorbesitzer hatte wohl ein besonderes Faible für glänzenden Edelstahl an Deck! Zehn Winschen zu durchschnittlich je einer Stunde Arbeit, damit ist einer der nächsten Tage sicher gerettet! Doch auch heute ist von Langeweile keine Rede. Ich besorge Ersatz für den in unserer Abwesenheit ebenfalls "verloren gegangenen" CD-Player. Guillermo, der äußerst freundliche Inhaber des Autoradioladens in downtown Palma, schaut mich an und meint auf meine Frage bezüglich Einbau zuversichtlich: "no problemo!" Das kann ja jeder Depp, denkt der sich wohl. Es sei ja eh alles genormt. "plug and play, kennt man ja vom PC", geht mir noch durch den Kopf, doch die südlich Hitze lähmt wohl für kurze Zeit meine Klarsicht und ich schlage zu. Zurück an Bord baue ich frohen Mutes das alte Gerät aus und das neue ein, ein Klacks. Jetzt nur noch anschließen, und Carlos Santana kann loslegen. Nach ein, zwei Stunden habe ich dann auch schon die insgesamt elf Kabel ruckzuck richtig angeschlossen, von wegen genormte Anschlüsse. Als Carlos dann tatsächlich losjault bin ich mächtig stolz auf mich! Herta auch!!! Was macht das schon, wenn ich Rechts und Links verwechselt habe mit Salon und Cockpit, hauptsache man hört was! Das kann man ja später mal in einer Bucht umklemmen. Was wäre ich ohne den Satz Klemmen, Kabelverbinder, Stecker etc, den mir Horst, unser heimischer Automechaniker, vor einem Jahr in weiser Voraussicht auf den Törn mitgegeben hat.



Vor und nach der Winschenpolieraktion

Tag 3: Freitag der Fünfzehnte! Fängt trotzdem gut an. Unsere alten Cockpitpolster sind völlig am Ende, wir haben aber jemanden gefunden, der uns neue Bezüge in genau dem Stoff machen will, den wir uns vorgestellt haben. Und das bis Anfang nächster Woche. Notfalls werden uns die fertigen Bezüge auch in jeden Hafen oder Bucht nachgeliefert, jedenfalls auf Mallorca. Das sind doch mal gute Neuigkeiten. Kosten sollen die Dinger zwar so viel wie eine komplette Gartenbestuhlung aus feinstem Teak, doch wie heißt es so schön: "sailing is the most expensive way to travel uncomfortably". Da ist wohl was Wahres dran! Und auf Mallorca gilt das noch mehr als anderswo. Nicht umsonst haben wir uns für die nächste Saison ein günstigeres Winterlager gesucht! Doch was sein muß muß sein, also bestellen wir. Der Punkt ist damit abgehakt!

Anruf vom Mechanico: Lichtmaschine irreparabel, brauchen neue. Hätten wir das vorher gewußt... Also gut, bitte bestellen! Ok, geht aber frühestens Mittwoch. Nach zäher Verhandlung gehts dann aber doch bis Dienstag. Zuverlässig.

So, die Erlebnisse der Folgetage jetzt im Schnelldurchgang: die beiden für je ca 250 Mark neu eingebauten Toilettenpumpen gehen einwandfrei, jedenfalls zunächst. Die Bugtoilette geht dann aber bald nicht mehr. Diagnose: Abflußschlauch verstopft! Ausbau ist angesagt. Da Moody ja bekannt ist für gut und robust gebaute Schiffe, verlegen die so einen Abflußschlauch auch nicht einfach mal so locker hinter der Wand, nein, die klipsen die Dinger an mehreren stellen Sauber mit Schlauchschellen an der Bordwand fest; danach bauen sie dann die massiven Innenwände davor. Also kreischen bald fröhlich die Motorsägen an unserem GFK-Innenausbau, mir wird etwas übel, und diesmal liegt es wirklich nicht an der Seekrankheit! Weil wir grad dabei sind, tauschen wir auch noch die Bilgenpumpe aus gegen eine neue. So richtig funktionieren tut zwar die neue auch nicht, obwohl 50 % stärker (und teurer), aber wir haben ja noch die Handlenzpumpe... ;-)) Ich repariere auf unserer Baustelle gleich noch den kaputten Cockpitlautsprecher mit Superglue und Silikon, da fällt bestimmt nichts mehr auseinander! Herta putzt und wienert was das Zeug hält, mit einem spanischen Zaubermittel (Chlor- oder Schwefelsäure oder so was ähnliches) blitzen bald alle Chromteile wie nie zuvor. Nur aufs Schiff darf nichts tropfen, sonst gehen wir wahrscheinlich sofort auf Grund! Oben höre ich mein Goldstück fluchen, beim Reinigen der Biminis ist wohl eine Naht gerissen. Sie trägts mit Fassung und näht's gleich wieder, wir gewöhnen uns langsam wieder ans Bordleben.


Bordfrau = Putzfrau??

Mittlerweile noch auf der Vermißtenliste: unser Garmin Hand-GPS, das Angelzeug, ein Taschenmesser, Hertas Digi-Armbanduhr, mein Mini-Maglite, und am schlimmsten: meine vier Lieblings-Badehorts! Jetzt bin ich wirklich sauer! In den nächsten Tagen kaufen wir also alle wichtigen Dinge nach, putzen und wienern noch mehr, lassen das Rigg gleich noch vom Fachmann durchchecken, testen die ganze Bordelektronik, ersetzen defekte Navigationslichter, justieren die Windanzeige neu, essen dazwischen exzellente Tapas und guten Fisch. Die guten Momente werden mehr.

Heute dann also Abfahrt. Eigentlich wollten wir nach Cabrera, aber wegen Südwind nehmen wir dann doch kurz entschlossen Kurs auf Andratx. Etappenziel morgen ist Soller an der Westküste, dann die Bahia de Pollensa im Norden, dann gehts rüber nach Menorca. Und dann schau'n mer mal...


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