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Leros bis Kos / September 2004

Spätsommerliche Flachwindtage


Windstärke 2 am Ankerplatz auf Lipsi. Nach zuviel Wind in der letzten Zeit ist das jetzt natürlich zu wenig zum Segeln. Aber so isses halt. Wir gehen trotzdem ankerauf. Etappenziel ist der malerische kleine Ort Pandeli an der Ostküste von Leros, mit den vielen guten Tavernen. Als wir aus der Abdeckung von Lipsoi herauskommen, haben wir dann doch wieder Stärke 6 achterlich, und das ist mal perfekt für unseren anliegenden Kurs. Leider aber nicht für unser Tagesziel. Vor Pandeli wird eine Neueinschätzung der Lage erforderlich. Die Welle läuft nämlich entgegen allen Erwartungen aus Nordost kommend geradewegs in die Bucht hinein. Also weiter. Auf unserem Vorwindkurs nur unter Vorsegel rollen wir gotterbärmlich in der Welle.

Einmal mehr wird wir uns bewußt, was für eine Vielfalt an Alternativen es in diesem Revier gibt: taugt der geplante Ankerplatz nichts, ist ein anderer sicher nicht weit. Und so gibt es auch hier, gerade mal 5 Meilen weiter am Südkap von Leros, einen tiefen Einschnitt, bestens geschützt, mit gutem Ankergrund und ein paar Tavernen am Strand. Spätnachmittags schlüpfen wir durch die Enge zwischen den vorgelagerten Inselchen hindurch an den Ankerplatz von Xerokambos.

Endlich kommt die erste, lang ersehnte Wettervorhersage ohne "gale warning". Ich halte sogleich die Nase in den Wind und vermeine sogar, eine leichte "Wärmekomponente" in der Brise feststellen zu können. Meine Meteorologie-Assistentin verdreht die Augen und tippt sich an den Kopf. Ob ich an spätsommerlichem Zwangsoptimismus leide...?

Derzeit jedenfalls sind Luft und Wasser noch stark abgekühlt. Wir tragen drei Schichten (T-Shirt, Sweatshirt, Fleecezeug). Der verfrorene Skipper dazu noch Socken - doppelte Lage! Gestern waren wir schon kurz davor, die Dieselheizung zu aktivieren, aber das ließ unser Stolz dann doch nicht zu. Immerhin, die kühle Starkwindperiode (neun Tage!) dürfte hinter uns liegen.

Und wie das so ist: haste mal nicht zuviel Wind, dann haste bestimmt Schwell am Ankerplatz. So auch hier und heute. Zum Ko... Wie in dieser gut geschützten Bucht Schwell stehen kann ist uns ein Rätsel. Wir lassen Coco vor Anker liegen, sie kann das besser ab als wir, und brechen auf zur Inselwanderung.

Da wir Pandeli gestern nicht per Schiff erreichen konnten, laufen wir heute eben hin. Die Entfernungen sind bezwingbar, eine Stunde hin, eine zurück. Unsere Seebeine müssen sich schließlich wieder ans Landleben gewöhnen, der heimatliche Herbst mit seinen ausgedehnten Spaziergängen in der fränkischen Schweiz naht.

In der Taverne Zorbas am kleinen Strand von Pandeli gönnen wir uns leckeren, warmen Oktopussalat mit frischem, hausgebackenem Weißbrot; da es noch nicht Abend ist, gibt es zu meiner Enttäuschung leider nur Wasser dazu, unverdünnt, also ohne Ouzo.


Die enge, bizarre Schluchtbucht Vathi im Süden von Kalymnos

Nach einem Overnightstop in der beliebten "Schlucht-Bucht" Ormos Vathi auf Kalymnos, die tief eingeschnitten bizarr zwischen hoch aufragenden Felsmassiven im Südosten der kargen Insel liegt, geht es dann schweren Herzens zu unserem letzten Ankerplatz vor der Einwinterung. Es ist wiederum nur ein kurzer Zehn-Meilen-Schlag, und schon fällt unser Anker in der Ostbucht der kleinen Insel Pserimos. Wir hatten die Annäherung ja schon mehrmals ohne Glück versucht, doch diesmal gelingt es. Heute paßt alles: der Wind, die Welle, das Wetter.


Türkisfarbener Ankerplatz vor Pserimos

Und als wollte uns die Ägäis den Abschied besonders schwer machen, finden wir hier am Nachmittag unseres letzten Segeltages noch einmal eine dieser unglaublich schönen Ankerbuchten, von denen man träumt: das Wasser durchscheinend helltürkis, das Land glänzend golden, der Himmel lichtblau: unsere Traumfarben des Segelns!


Das Wasser ist kristallklar auf Pserimos

Noch einmal genießen wir ein paar Schwimmzüge im wunderbar klaren und recht erfrischenden Wasser. Keine Yacht ist da außer Coco, der Sandstrand ist menschenleer, wir haben viel Platz und viel Ruhe.


Wo könnte Schwimmen schöner sein?

Als am Abend die Sonne im Westen versinkt, verschmelzen Meer, Land und Himmel in einem wahren Rausch von Blau- und Rosatönen. Leises Ziegengeläut kommt aus den Hügeln. Draußen schaukelt ein Fischerboot.

Von der türkischen Küste links und von der griechischen Insel Kos rechts glühen die ersten Lichter zu uns herüber. Als sich schließlich die Nacht ausbreitet, funkeln sie wie abertausende winziger Diamanten am Horizont. Und über uns am Firmament eine glitzernde Sternenpracht.

Der Wind singt leise in den Wanten, die See schlägt dazu den perfekten Rhythmus am Schiff.

Ein grandioser mediterraner Abschied!


Ein Fischerboot mitten im abendlichen Pastell-Rausch





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