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Ayvalik und Istanbul, August 2004

Kleinasiatische Großstadtimpressionen

Ayvalik ist anders. Nicht die Marina; die ist zwar klein, aber sonst wie viele andere auch. Doch der Ort selbst. Erstmals haben wir hier das Gefühl, uns eher auf dem asiatischen Kontinent zu befinden als in Südeuropa. An der Waterfront herrscht Trubel und Geschäftigkeit, kleine Garküchen bieten mit Reis gefüllte Muscheln an, gebratene Sardinen, gegrillte Maiskolben, Fleischspießchen und allerlei weitere Spezialitäten, vieles für uns gar nicht definierbar.


Gebratene Maiskolben, frisch vom Feld

Allerorts ein Gebrodel und Getümmel. In Cafés sitzen alte Männer. In einem Haus sind die Fenster des Erdgeschosses mit Vorhängen verhängt, dahinter erblicken wir gut fünfzig Männer, die mit ihrem Fussballverein leiden, dessen Spiel auf einem TV-Monitor übertragen wird und der wohl gerade eine böse Schlappe einsteckt. Erinnerungen werden wach, wir denken an unseren Glubb.


Der Gemüse- und Obstmarkt ist eine Augenweide!

Der Gemüsemarkt ist ein prächtiger Farbenrausch: die Vielfalt ist enorm, wir sehen die größten Radieschen, jedes einzelne so groß wie ein fränkischer Apfel! Schlendert man aber durch die Gässchen weiter hinten, so offenbart sich ein orientalisch farbenfrohes Sammelsurium von gerade im Rohbau befindlichen, halb fertigen, fast ganz fertigen, bewohnten und unbewohnten Bauwerken. In unmittelbarer Nachbarschaft fast immer leer stehende, dem Verfall preisgegebene Häuser und Ruinen. Alte Holzbalkone hängen windschief an Fassaden. Wir gehen in der Strassenmitte, um nicht von möglicherweise abstürzenden Bauteilen erschlagen zu werden.







Pittoreskes Ayvalik



Strassenverkauf

Die Marineros in Ayvalik sind flotte Dingi-Piloten. Rücksichtslos brausen sie mit ihren PS-starken Außenbordern full speed durch die Marina und sorgen für kräftig Wasserschlag und kräftig Ärger unsererseits. Nicht sehr sportlich, aber was ein echter Macho sein will...

Doch nicht allein die Marineros bringen das Wasser in Wallung. Sturm ist im Anzug. Es pfeift aus allen Rohren, Böen knallen mit sieben und acht Beaufort Coco in die Seite. Woher der Wind bläst? Aus Nordost. Wohin die Einfahrt offen ist? Erraten: Nordost. Als Durchreisende liegen wir natürlich am schlechtesten aller Plätze, nahe der Einfahrt und mit ziemlich miserablem Schutz. Bis schließlich noch ein Türke ankommt, der Arme, und neben uns eingewiesen wird; jetzt ist unser Platz nur noch der zweitschlechteste. Wir verspannen Coco mit zwei Landleinen, zwei dicken Muringleinen und einer seitlichen Spring, so dass sie sich kaum noch bewegen kann. Diese Spinnennetztechnik haben wir den türkischen Gületkapitänen abgeschaut, die sich mit Maschinenkraft oft so am Ankerplatz verspannen, dass dabei auch schon mal ein Baum samt Wurzelstock sein Leben läßt. Der Vorteil dabei ist, dass sich auch bei viel Bewegung rundum das Schiff nicht aufschaukeln kann. Fühlt sich jedenfalls recht zuverlässig an.


Sturm im Anzug

Die Festmacher stöhnen, die Klampen knirschen mit den Zähnen. Doch ein Gutes hat der Wind auch: Bei dreißig Grad und sieben Beaufort kann man herrlich Wäsche trocknen! Der heutige Sonntag wurde kurz entschlossen zum Waschtag degradiert, und da der Trockner der Marina kaputt ist, weht jetzt fröhlich Wäsche von allen Relingsdrähten. Keine fünfzehn Minuten, und die Sachen sind trocken! Sommerfrisch und naturgetrocknet, und vom heftigen auf und ab Knallen im Wind butterweich, weicher geht's nicht.


Waschtag

Es wird dunkel, Blitze zucken, schließlich Regen. Gut dass wir Coco noch nicht abgespritzt haben, denn der Regen wäscht auch hier wie so oft den ganzen Dreck aus der Luft, und der ist danach mehr oder weniger gleichmäßig über's Schiff verteilt. Heute haben wir nur Edelstahl poliert, da schadet Regen nichts. Eigentlich ideales Wetter, um uns hier auf die nächsten Tage einzustimmen. Wir haben uns entschlossen, Istanbul zu besuchen. Coco soll in Ayvalik bleiben, wir buchen Bus mit Aircondition und Hightechschnellfähre.

Istanbul

Byzanz, Konstantinopel, Istanbul. Die zweieinhalb Jahrtausende alte Stadt zwischen Europa und Asien ist überreich an Geschichte und galt lange Zeit gar als schönste Stadt der Welt. "Schön" finden wir den heutigen Moloch nun gerade nicht, aber interessant allemal. Mit seinen 15 bis 20 Millionen Einwohnern (niemand weiß das so genau) erstreckt sich Istanbul heute über eine Länge von 70 Kilometern! Diese riesige Stadt vereint unvereinbare Gegensätze: sie liegt auf zwei Kontinenten; unvorstellbare Pracht und trostloser Verfall liegen nahe beieinander; Liberalität und Traditionalismus stehen sich gegenüber. Vollbart tragende Moslems begegnen smarten Business-Frauen, der betende Muezzin kämpft per Lautsprecher gegen Türkpop aus der Strassenkneipe. Das heutige Istanbul ist eine lärmende, stinkende, tosende, duftende, orientalische und abendländische, moderne und altmodische Stadt. Alles zugleich.

Ideal für den Besucher liegen die wichtigsten der weltberühmten Sehenswürdigkeiten nahe beieinander im Stadtteil Sultanahmed. Dort haben wir ein Zimmer gebucht, nicht im, aber doch direkt hinter dem Topkapi Serail, dem früheren Palast der Sultane. Vom Badezimmer blicken wir auf die Minarette der Blauen Moschee, vom Schlafzimmer aus sehen wir die Hagia Sofia! Theoretisch könnten wir die wichtigsten Sehenswürdigkeiten vom Zimmer aus abhaken. Praktisch stürzen wir uns aber selbstverständlich gleich ins Gewühl.

Ich werde hier nun nicht alles aufzählen, was in Tausenden von Reiseführern viel besser beschrieben sein würde. Statt dessen mögen euch diese Fotos ein paar Eindrücke vermitteln:


Zur Diashow "Istanbul" hier klicken.



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