Übersicht 2005 | zurück | weiter

Juli 2005 | Mykonos - Kithnos - Paros

Badefreuden auf Türkis

Das turbulente Mykonos haben wir verlassen. Die Südbucht von Rhineia, auf der kleinen Insel gleich westlich von Mykonos, ist eine einsame Idylle. Keine Menschenseele weit und breit. Türkisblaues Wasser, heller Sandstrand, vereinzelt als fröhliche Farbtupfer die obligatorischen blauen Plastiktüten. Coco schwojt friedlich vor Anker. Wir genießen angenehm sonnige 28 Grad Lufttemperatur und unternehmen unsere erste ausgedehnte Schwimm-Exkursion seit Beginn unseres Törns.

Sechzehn Meilen südlich liegt die Insel Paros. Bei ein bis zwei Windstärken tuckern wir nachmittags gemütlich dorthin. Die große Bucht im Norden, Ormos Ioannou, bietet eine feine Auswahl an guten bis ausgezeichneten Ankerplätzen. Wir halten uns gleich hinter der Einfahrt nach Steuerbord und peilen die geräumige, nördliche Einbuchtung an. Vor dem Badestrand liegen bereits mehrere Segel- und Motoryachten vor Anker, ein einzelnes Jetbike sorgt für Lärm und Schwell. Fast könnte man schon von "überfüllt" sprechen. Ein eher seltener Zustand in der Ägäis. Apropos Motoryachten: hier in der westlichen Ägäis treffen wir wesentlich mehr davon als drüben im östlichen Teil. Das mag daran liegen, dass die Reise von Athen bis Naxos mit einer Motoryacht relativ bequem in kurzen Sprüngen von Insel zu Insel oder auch binnen Tagesfrist am Stück zu schaffen ist, und es unterwegs zahlreiche sichere Ankermöglichkeiten gibt.

Nach den teuren Schlemmer-Exzessen auf Mykonos werfen wir heute abend den Bordherd an. Pollo con verdura, Hühnchen mit Gemüse, steht auf dem Speiseplan. Dazu griechischer Wein. Danach Backgammon. Später noch ein erfrischender Abendschwimm.

Nächster Vormittag ist Bürotag. Von zuhause verfolgen mich gnadenlos die Pflichten. Aber nichts ist unlösbar, wozu hat man schließlich Telefon, Computer und Internet an Bord. Bis zum frühen Nachmittag sind alle Aufgaben erledigt.

Später verlegen wir uns dann näher an den Ort Naoussa, zwecks kürzerer Dingi-Distanz einerseits, aber auch, um dem Trubel zu entfliehen. Hinter dem Inselchen Agios Kali ankern wir auf knapp 5 Metern. Wir können einen neuen Minimal-Rekord feiern: eine ganze Seemeile steht am Abend auf dem Log! Was für ein Etmal!

Von unserem neuen Ankerplatz sind wir in wenigen Minuten außenborderangetrieben im Ort. Naoussa ist sehr hübsch, sehr weiß, sehr idyllisch. Rund um den pittoresken, alten Fischerhafen konkurriert eine Vielzahl attraktiver Restaurants um Kunden. Die Lokale hier sind für ihren ausgezeichneten Fisch bekannt. Ein Besuch empfiehlt sich unbedingt.


Naoussa auf Paros


Frischer luftgetrockneter Oktopus

Offenbar ist hier in Naoussa eine neue Yacht-Marina im Entstehen. Der äußere Hafenbereich, in dem Yachten anlegen konnten, ist derzeit wegen Bauarbeiten für Yachten gesperrt, große Betonblöcke für die Murings liegen überall an Land. Nur eine einzige Yacht mit österreichischer Flagge liegt noch im Becken, ein Charterschiff mit hiesiger Basis und Sondererlaubnis.

Telefonisch verabreden wir ein Treffen mit unseren Freunden Geli und Harry von der SY MICHELLE. Die beiden haben in den letzten Wochen die nördlichen Sporaden unsicher gemacht und befinden sich jetzt am griechischen Festland auf Höhe Euböa. Etwa in der Mitte unserer beiden aktuellen Standorte liegt die Insel Kithnos, die wir schon von früher kennen. Dort werden wir uns treffen. Nach einem Schlag von 45 Meilen bei nahezu Windstille kommen wir unter Maschine an. Zwischen schroffen, abweisenden Felsen liegt Ormos Ioannis, der einzige brauchbare Ankerplatz hier an der abgeschiedenen Ostseite. Mehrere Einbuchtungen stehen dem geneigten Ankerlieger zur Verfügung, allerdings alle mit recht hohen Wassertiefen bis nahe unter Land. Abgesehen von leichtem Schwell gefällt uns die nordöstliche Einbuchtung am besten, hier werfen wir Anker. Platz haben wir genug, wir sind alleine hier, gegen den Schwell legen wir zusätzlich den Heckanker. Rechtzeitig zum Sundowner paßt alles, auch die eben beim abendlichen Aufklaren über Bord gegangene Pütz tauche ich stolz prustend aus acht Metern Tiefe wieder rauf. Nachdem in der kleinen Kapelle am Felsen über der Bucht die Glocken zum Nachtgebet geläutet haben, kriechen wir frühzeitig in die Koje, um am nächsten Tag frisch zu sein zum Empfang unserer Freunde.


In der Ostbucht von Kithnos

Am nächsten Morgen machen wir erst mal Landfall. Wir unternehmen einen Erkundungsgang, bewältigen spontan dreihundert Höhenmeter. Die Luft ist dünn da oben. Oder liegt's am fehlenden Training? Wir werfen einen Blick ins Innere der Insel, wo steinige Kargheit sich abwechselt mit dunkelroter Blütenpracht in felsigen Falten und Spalten. Der Wind pfeift hier oben durch's "Bergtal", Düseneffekt par Excellence. Heute ist es windiger und böiger als gestern.


MICHELLE ankert in unserer Nähe

Gegen abend läuft dann die schöne Wauquiez 43 unserer Freunde in unserer Bucht ein. Die Wiedersehensfreude ist groß. Heute liegen wir hier zu dritt, eine griechische X-Yacht hat zuvor schon neben uns Anker geworfen.

Kurz darauf sehen wir staunend zu, wie sich über dem gewiss fünfzig Meter hohen Hügelkamm die Mastspitze eines Segelschiffes der Einfahrt nähert. Eine gewaltige Slup läuft ein, die MIRABELLA V. Drei Stockwerke hoch. Gewiss die größte Segelyacht, die wir je gesehen haben. Durch die Ferngläser sehen wir ganz winzig auf dem Achterdeck einen Mann auf einem Trimmrad schwitzen. Später erfahren wir, dass dieses Schiff die größte Slup der Welt ist: Länge 75 Meter, Breite 14,8 Meter (zum Vergleich: Coco ist 14,5 m lang). Masthöhe 90 Meter (Coco: 16 m), Segelfläche 3.400 Quadratmeter (Coco: 68 qm). Wer jetzt Lust bekommen hat: die MIRABELLA V ist zu chartern, für konjunkturfreundliche 275.000 Euro pro Woche, für maximal 12 Gäste. Wenn ihr also eure lokale Fußballelf zu einem Törn überreden könnt, wären das gerade mal 25.000 für jeden...

Hilft aber alles nichts, in unsere Bucht kommt dieses Schiff nicht rein. Nicht die Höhe ist freilich das Problem, sondern Tiefgang und Schwojkreis. So ankert der Profiskipper weiter draußen, vermurt sich aufwändig und sorgfältig mit Bugstrahlruder und zwei Ankern auf 20 Metern Wassertiefe. Ein halbstündiges Schauspiel, interessanter als jeder Fernsehkrimi.


Die gewaltige MIRABELLA V
(Zum Starten eines Videoclips auf's Bild klicken!)

Das Abendessen findet heute auf MICHELLE statt, beim Profikoch Harry, wo sonst. Einmal mehr genießen wir die ausgezeichneten Kochkünste und den gut sortierten Weinkeller unserer Freunde. Die Nacht bricht herein, auf der MIRABELLA V ist Partytime. "Surfin' USA" schallt über die einsame Bucht, es wird gefeiert bis in die Morgenstunden. Was soll's, die Musik könnte schlechter sein.

Nach der langen Nacht nehmen wir am späten Vormittag Abschied von MICHELLE. Bei nahe null Wind schieben wir unser winziges Schiffchen in der Einfahrt vorbei an der gewaltigen MIRABELLA V. Im Schatten der mächtigen Yacht fühlen wir uns wie auf einem winzigen Beiboot. Wir setzen Kurs Andiparos West. Sechs Stunden später ankern wir im weitläufigen, gut geschützten Kanal zwischen dem Inselchen Despothiko und Antiparos auf Türkis. Nur wenige Segelyachten und ein paar Motoryachten liegen hier, wir haben massenhaft Raum und können uns den Ankerplatz aussuchen.


Badefreuden auf Türkis

Erstmals tickert über unser Navtex eine Wettervorhersage von Heraklion herein; bisher empfingen wir über Navtex in dieser Gegend nur den türkischen Sender Izmir. Egal, Hauptsache gleich am Anfang stehen immer die schönen Worte "No Gale" ("Kein Starkwind"). Doch bisher war der gefürchtete Meltemi ja eher völlig ausgeblieben. Ein wenig mehr Segelwind würden wir uns schon wünschen. Aktuell ist Flaute.

Landgang auf Andiparos. Wir wollen in den Hauptort, der gegenüber auf der anderen Inselseite liegt. Bei einem Kafedaki warten wir am Morgen an der Bushaltestelle auf den einzigen Bus der Insel. Es dauert und dauert. Kein Bus kommt. Irgendwann erfahren wir dann auf Nachfrage: "today bus broken". Also kein Bus heute. Taxi gibt es hier natürlich keines, und Mopedverleih ist auch Fehlanzeige. Also spazieren wir los und halten den Daumen in den Wind. Es dauert keine fünf Minuten, und ein Kleinwagen mit Familienbesatzung hält an. Ob wir denn wüßten, wo die berühmte Höhle von Andiparos sei? Ja, das wissen wir, wir zeigen gerne den Weg. Die junge belgisch-russische Familie mit Kleinkind rückt zusammen und wir zwängen uns mit rein. So kommen wir schließlich nicht nur zum Inselort, sondern auf dem Weg dorthin auch noch zu einer Höhlenbesichtigung. Als Dank für den netten Transport laden wir sie später in Andiparos noch auf einen Frappé ein.

Entspannt bummeln wir durch den ruhigen, kleinen Hafenort Andiparos. Es gibt ein Internetcafé, und so checken wir mal wieder preiswert unsere e-Mails. Bei der Gelegenheit versuchen wir auch gleich via Internet herauszufinden, welche Marina denn zum Überwintern in Frage kommt. Kos hat leider die Preise um 20 Prozent gegenüber dem Vorjahr erhöht, und das wollen wir nicht mitmachen. In der engeren Wahl haben wir die sehr günstige Lakki-Marina auf Leros sowie die brandneue und angeblich sehr komfortable D-Marina im türkischen Turgutreis. Der dortige Trans-Ocean Repräsentant, Dr. Yusuf Civelecoglu - fließend deutsch und englisch sprechend und zudem Inhaber der Firma Yachtworks - hatte uns ein günstiges Angebot vermittelt. Das liegt zwar noch immer höher als das sehr attraktive Angebot der Lakki-Marina, die bessere Infrastruktur und die besseren Flugverbindungen lassen uns aber dennoch eher nach Turgutreis tendieren. Bald werden wir uns entscheiden müssen.

Auf eine Rückfahrgelegenheit müssen wir etwas länger warten, doch schließlich nehmen uns zwei junge Engländer im Suzuki Jeep mit, die gerade mit der Fähre von Paros herüber gekommen sind und die kleine Nachbarinsel auf einem spontanen Spätnachmittagsausflug erkunden wollen. Zurück in unserer Ankerbucht geben wir unseren Fahrern einen aus, und erfahren dabei, dass Kampftrinken in ihren Augen ein fester Bestandteil eines gelungenen Urlaubs ist. Gut, dass wir das nicht wussten, als wir in den Jeep eingestiegen sind.

Nach einem schönen Schwimmgang in dem wunderbar klaren Wasser gibt es zum Dinner Krabben aglio olio an Bord. Mit einem herrlichen Sonnenuntergang klingt der erlebnisreiche Tag bei einem Glas Wein auf dem Vorschiff aus.


Sundowner in Ormos Despothiko



Übersicht 2005 | zurück | weiter