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Peloponnes, Juli 2003

Die goldene Halbinsel

Vor Methoni, am südwestlichen Ende des Peloponnes, begrüßt uns schon von weitem das mittelalterliche türkische Kastell. Bei einem pfeilschnellen 6-Beaufort-Raumschotkurs (Wind von achtern) runden wir die Enge um das Kap zwischen Festland und der Insel Sapientza und begeben uns in den Schutz der gewaltigen Festungsanlage. Hier ankern wir frei und sicher vor einer äußerst malerischen Kulisse. Nur wenige Yachten liegen hier: ein Kanadier, ein Franzose, ein Schwede, und good old Germany ist jetzt auch vertreten. Kein Gegner aus der Flottillenliga weit und breit... ;-)


Methoni: Brücke und Wachturm

In einer Nebenstrasse, ganz ohne den obligatorischen Meerblick, liegt gut versteckt eine kleine Taverne. Die Küche ist ausgezeichnet, allein schon die Vorspeisenauswahl enorm. Wir können uns nicht entscheiden und stellen uns mit dem Wirt gemeinsam eine Platte zusammen. Köstlich. Wir futtern bis wir uns nicht mehr bewegen können, das Ganze für 28 Euro!


Coco vor Anker vor dem gewaltigen Kastell von Methoni

Einige Tage später, tiefer im Messenischen Golf, vor dem netten Dorf Koroni, überrascht uns ein Unwetter mit Starkwind und kräftigem Schwell am gegen Nord völlig offenen Ankerplatz. Früh am nächsten Morgen ergreifen wir die Flucht, und am späten Nachmittag liegt Coco sicher in der Marina Kalamata, der sechstgrößten Stadt Griechenlands.

Hier wird Coco nun leider doch noch vom langen Arm des Staates entdeckt. Sehr höflich werde ich zum möglichst baldigen Besuch des Büros der Port Police aufgefordert. Nach ausgiebigem Studium der Schiffspapiere und eingehender Befragung des Skippers tippt der junge Beamte lange Zahlenreihen in eine Rechenmaschine. Ich gebe mich überrascht, weiß aber freilich nur allzu gut, was nun kommt. Das "Pleasure Craft Permit" für Coco de Mer kostet einschließlich aller Nebenkosten rund 110 Euro. Dafür erhalten wir ein überdimensional sperriges, aber sehr dekoratives Dokument, und dürfen nun ganz offiziell ein Jahr lang griechische Gewässer befahren.

Bisher hatten wir den Erwerb des griechischen Permits stets "übersehen", indem wir die Einklarierung beim Hafenmeister "vergessen" haben. Die von Griechenland erhobene Befahrensgebühr für ausländische Yachten ist ohnehin nicht mit EU-Recht vereinbar, deshalb hielt sich unser schlechtes Gewissen in Grenzen. Ein Verfahren ist in Brüssel anhängig, doch mit südlichem Gleichmut wartet man hier die Ergebnisse der zeitlupenartig mahlenden Mühlen europäischer Justiz ab, bevor man das illegale Gesetz abschafft - und dann wahrscheinlich durch eine andere kreative Gebühr ersetzen wird.

Aber wir beschweren uns nicht. Erstens ankern wir meist ohnehin frei und damit kostenlos, zweitens gibt es hier praktisch keine teuren Marinas, und drittens werden in den wenigsten Fischer- oder Stadthäfen Liegegebühren verlangt. Selbst wenn (!) man jedes Mal vorschriftsmäßig ein- und ausklarieren würde, sind die Gebühren minimal, etwa 3 Euro pro Tag, manchmal sogar inklusive Wasseranschluß. So gesehen, verstehen wir die Klagen über teure Gebühren in Griechenland nicht so recht. Noch kein Land empfanden wir bisher so preiswert für Segler wie Griechenland. Für den Preis des Permits - ob nun legal oder nicht - bekommt man in mancher Marina des westlichen Mittelmeers gerade mal einen Liegeplatz mit Muring für eine Nacht.

Nach all den Anstrengungen der letzten Zeit sehnen wir uns nach etwas Urlaub. Zum Zwecke der Erkundung des peloponnesischen Inlands chartern wir einen Fiat Seicento. Leider erweist sich der kleine Flitzer schon nach wenigen Metern als hoffnungsloser Fall; keine drei Minuten nach Abfahrt stehe ich wieder im Büro, meine Reklamation wird anstandslos akzeptiert und ich erhalte ersatzweise den letzten verfügbaren Wagen, einen Kia Sportage Jeep, zum gleichen Preis. Solcherart upgegraded machen wir uns auf zur Drei-Tages-Tour nach Sparta und zur Mani-Halbinsel.

Durch tiefe Schluchten und grüne Nadelwälder fahren wir in östlicher Richtung durch eine Landschaft, die mal an Schwarzwald, mal an die schweizer Alpen erinnert; hier sattgrün und fruchtbar, dort karg und abweisend.


Das mystische Mystra

Nach ein, zwei Stunden Fahrt öffnet sich vor uns die riesige Ebene von Sparta. Umgeben von hohen Bergen liegt die moderne Stadt wie in einem Kessel. Doch zunächst besuchen wir das benachbarte Mystra. Im 13. Jahrhundert - zu byzantinischer Zeit - die Hauptstadt des Peloponnes, ist Mystra heute nur noch eine romantische Ruinenstadt, verlassen bis auf ein Nonnenkloster. Der alte Ort liegt an einer steilen Bergflanke, erstreckt sich über dreihundert Höhenmeter bis hinauf zum gewaltigen Kastell! Einige Stunden wandern wir schwitzend durch die steilen kopfsteingepflasterten Gassen der klassischen Stätte, genießen atemberaubende Ausblicke und stille Winkel in den oft noch gut erhaltenen Ruinen. Das hier ist etwas anderes als nur die Besichtigung "alter Steine"; die Bauten sind noch so weit erhalten, dass man diesen einzigartigen Ort mit etwas Phantasie wieder lebendig werden lassen kann. Kein Wunder, die letzten Einwohner haben den Ort erst vor etwa fünfzig Jahren verlassen.

Bei einem kurzen Aufenthalt im modernen, ziemlich gesichtslosen Sparta - vom berühmten antiken Ort existieren kaum Überreste - erfrischen wir uns in einem Kafeneion. Dann geht es weiter an die Ostseite der Halbinsel, zum Lakonischen Golf. Bei Gythio finden wir eine günstige Bleibe für die Nacht, spazieren abends durch den Ort und genießen das bunte Treiben in dem Hafenstädtchen von einer der zahlreichen Tavernen aus.


Fischerhafen von Gythio


Auf Höhlentour

Die Felsenlandschaft des südlichen Peloponnes ist durchsetzt von Höhlen und Grotten. Die Höhlenlandschaft von Pyrgos Dyrou gehört nach Expertenmeinung zu den interessantesten ihrer Art weltweit. Auf einem kippeligen Nachen werden wir durch endlose unterirdische Gänge gerudert, durch Reihen von Stalagmiten und Stalagtiten, durch eine stille unterirdische Wunderwelt. Für uns Mittelfranken ist das ja nicht ganz so aufregend, haben wir doch selbst einige schöne Höhlen direkt vor unserer Haustür. Es ist trotzdem ein beeindruckendes Erlebnis.

Szenenwechsel: In der Abendsonne sitze ich im Garten eines alten Mani-Turmhauses unter einem riesigen Walnußbaum und notiere die Eindrücke der letzten beiden Tage. Neben mir ein Nesfrappée, eine Art eiskaltes Kaffeeshake, das moderne Nationalgetränk der Griechen, und das obligatorische Glas Wasser. Milliarden von Zikaden sorgen für eine schrille Geräuschkulisse, die bisweilen nahe an Körperverletzung grenzt.


Unser Hotel in einem alten Mani-Wohnturm • Schriftstellerei im Abendlicht

Die Halbinsel Mani, der "mittlere Finger" des südlichen Peloponnes, gehört zu den besonders eindrucksvollen Flecken Erde, die wir auf unserer Reise entdecken. Es ist eine eigenartige Welt bizarrer Felsen, gewaltiger Gebirgszüge, lieblicher Kiefernwälder, schattiger Olivenhaine und schroffer Klippen zum Meer. Die spätnachmittägliche Juni-Sonne taucht alles in ein goldenes Licht: das hohe Gras, den Sand, die Steine. Überhaupt Steine: Charakteristisch für die Mani-Landschaft sind die grauen Steinhäuser und Wohntürme. Mal hingestreut über sanfte Hügel, mal als Bastionen wie Horste einsam auf einem Bergrücken. Immer eigenartig, zunächst abweisend, dann, beim näherkommen, oft doch freundlich und einladend.

Es wird viel renoviert und neu gebaut, vielerorts wird die schon nahezu verschwundene Mani-Kultur wiederbelebt. Die Region strebt sichtbar auf, der Tourismus ist "endlich" auch in diese abgelegene Region gelangt und bringt das nötige Geld, sogar kleine Immobilienbüros finden sich schon hier und da. Mit etwas Glück wird hier in einigen Jahren ein neues attraktives Reiseziel für Liebhaber unverdorbener Natur entstanden sein.



Impressionen von der Mani Halbinsel

Bevor wir den Jeep zurück geben, nutzen wir ihn noch zum Großeinkauf. Wir gehen an die Grenze der zulässigen Nutzlast. Nach dem Besuch dreier Supermärkte in Kalamata ächzt unser Vehikel, aber wir haben alles - bis auf eines: Mineralwasser. Wir trinken - außer Wein und Bier - schon auch gerne mal Mineralwasser, und zwar vorzugsweise solches mit Kohlensäure. Auf den Gedanken, dass eben dieses schwierig zu beschaffen sein könnte, sind wir bisher noch nie gekommen. Doch in den Supermärkten des südlichen Peloponnes machen wir erstmals diese Erfahrung. Beim Personal versuchen wir's mit den einschlägigen Adjektiven in sämtlichen Sprachen, die uns mittlerweile bekannt sind, doch weder "sparkling" noch "gas", weder "frizzante" noch "carbonisée", ja nicht einmal unsere neueste englischsprachige Errungenschaft - "fizzy water" - hilft uns weiter. Stets ahnungsloses Schulterzucken auf der anderen Seite. Es ist ja nicht so, dass es hier kein Mineralwasser in Flaschen gäbe, meterlange Regalreihen in den Supermärkten sind voll damit, aber eben ohne "fizzy". Na gut, dann eben Bier!


Segelvergnügen pur

Mit kräftig Tiefgang dank der Bunkeraktion vom Vortag bringt uns ein fünfzig-Meilen-Schlag die Ostküste des Messenischen Golfs hinunter zum Kap Tainaro, dem - nach Gibraltar - südlichsten Punkt des europäischen Festlands. Und noch ein Superlativ: nur 60 Meilen weiter südlich liegt der mit 5121 Metern tiefste Punkt des Mittelmeeres.

Gleich um die Ecke liegt die kleine Ankerbucht Porto Kagio. Die Bucht liegt eingekeilt in eine Felsschlucht, ein paar Häuser stehen am Strand, zwei Tavernen, gegenüber im Fels ein steingraues Mani-Dörfchen. Pittoresk. Porto Kagio ist geschützt gegen alle Windrichtungen, außer gegen Nordost. Klar, dass der griechische Funkwetterdienst am nächsten Morgen Nordost ansagt, Stärke 6 bis 7. Also zögern wir nicht lange, ein kurzer Kaffee, ankerauf und los. Was zunächst mit schnellem Segeln hart am Wind beginnt, endet fünf Stunden später in einem wilden Ritt brutal gegenan. Erst einige kräftige Salzwasserduschen lassen uns unseren Stolz vergessen und das Ölzeug aus dem Schrank kramen. Gut verpackt erreichen wir die Insel Elafonisos. Erst knapp unter Land wird die gegenan stehende Welle erträglich. Und wir werden für die Mühen des Tages belohnt: Der Anker fällt auf der karibischsten aller denkbaren Wasserfarben, vor weißen Sanddünen an Land, mit grünen Vegetationskrönchen. Und neben uns ankert die "Christina O.", die legendäre Privatyacht des griechischen Tycoons Onassis. Mit panamesischer Flagge - jaja, die ärgerliche Steuerfrage.


Traumhafter Ankerplatz vor der Insel Elafonisos

Kap Maleas liegt nun vor uns, das Tor zur Ägäis! Das Kap wird bisweilen auch respektvoll das "Kap Hoorn des Mittelmeers" genannt. Unser "Greece Sea Guide" schreibt: "...keep a distance of at least 3 nm from the coast and even then be ready to loose your sails."

Nun denn...

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Ach ja, jetzt noch was für die technisch Interessierten: ich wollte ja noch von unseren Erfahrungen mit den Solarpanels berichten.

Wir wollten es zwar nicht wahrhaben, aber geahnt hatten wir es freilich: die angeschafften Solarmodule mit insgesamt 90 Wattpeak (rechnerisch ca. 360 Wh/d + 30% (MPP-Regler!) = 468 Wh/d : 14,4V = 32 Amperestunden) reichen doch nicht aus, um unseren Tagesverbrauch zu decken. Das Doppelte wäre gerade ok. Damit bewahrheitet sich wieder mal die Erkenntnis: Bedarf ausrechnen, das Ergebnis verdoppeln oder noch besser verdreifachen, dann erst hat man den realistischen Wert. In unserem Fall lag der Rechenfehler allerdings auch daran, dass die Batterieanschlüsse falsch an den Batteriekontroll-Computer angeschlossen waren, und wir deshalb einen falschen, nämlich nur den halben, Ausgangswert hatten (s. Bericht Nr. 2).

Unsere Module haben wir übrigens bei der Firma Solar Linke gekauft. Herr Burkhard Linke war dabei äußerst freundlich und hilfsbereit. Mehrfach wurde ich blutiger Elektro-Laie telefonisch und per e-Mail unterstützt, sogar hier in Griechenland. Auch Fragen, die nicht unmittelbar mit den Solarpaneelen zu tun hatten, wurden mir geduldig und präzise beantwortet. Wo gibt es das heute noch?!

Also ein ganz herzliches "Dankeschön", und natürlich unsere Empfehlung für jeden Segler, der sich mit dem Gedanken an alternative Energieerzeugung an Bord trägt! Infos hier.



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